Parodontitis und Herzinfarkt: Der belegte Zusammenhang – 12 starke Fakten, die Sie kennen sollten
on November 05, 2025

Parodontitis und Herzinfarkt: Der belegte Zusammenhang – 12 starke Fakten, die Sie kennen sollten

Warum wir über Parodontitis und Herzinfarkt reden müssen

Parodontitis ist eine chronische, entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparats – und weit mehr als ein lokales Problem. Sie steigert systemische Entzündung, verändert Gefäßfunktionen und wird in zahlreichen Studien mit kardiovaskulären Ereignissen in Verbindung gebracht. Konsensuspapiere internationaler Fachgesellschaften betonen inzwischen die Relevanz für Prävention und Risikostratifizierung.

Von „lokal“ zu „systemisch“: Was die Forschung heute zeigt

Neuere Reviews und konsensbasierte Empfehlungen resümieren: Parodontitis ist unabhängig mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert; Interventionen an Zahnfleisch und Biofilm verbessern surrogate kardiovaskuläre Marker (z. B. Entzündungswerte), auch wenn harte Endpunkte weiter erforscht werden. 

Was ist Parodontitis – und warum ist sie so häufig?

Parodontitis entsteht, wenn ein dysbiotischer Biofilm (Bakteriengemeinschaft) eine überschiessende Immunreaktion triggert. Resultat: Gewebsabbau, Taschenbildung und Blutung. Unbehandelt schreitet der Knochenverlust voran – Zähne lockern sich. Das Tückische: Der Prozess läuft oft symptomarm.

Mikrobielles Biofilm-Modell und Immunantwort

Pathogene Spezies (u. a. Porphyromonas gingivalis, Fusobacterium nucleatum) setzen Endotoxine frei; das Immunsystem antwortet mit Zytokinen (z. B. IL-6, TNF-α). Diese Mediatoren gelangen in den Blutstrom und wirken systemisch.

Stille Warnzeichen: Blutung, Mundgeruch, Rückgang

Zahnfleischbluten beim Putzen, anhaltender Mundgeruch, Zahnfleischrückgang und empfindliche Zahnhälse – alles Hinweise, die zahnärztlich geklärt gehören.

Der belegte Zusammenhang: Was Studien und Konsensuspapiere sagen

Große Reviews & Konsensus (EFP/WHF, AHA, Umbrella-Reviews)

  • EFP/WHF-Konsensus (2020): Klare Assoziation zwischen Parodontitis und kardiovaskulären Erkrankungen; Empfehlung, Herz-Risiko und Mundgesundheit gemeinsam anzugehen.

  • AHA-Statement: Unabhängige Assoziation ist plausibel; Kausalität und harte Endpunkte bleiben Forschungsfelder – Prävention oraler Erkrankungen wird dennoch befürwortet. 

  • Umbrella-Review (2024): Zusammenfassend stützt die Gesamtevidenz die Verbindung PD↔CVD; methodische Heterogenität bleibt, aber Signale sind konsistent. 

Risiko für Myokardinfarkt: was Meta-Analysen zeigen

Meta-Analysen berichten ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko bei Parodontitis (z. B. relatives Risiko ~1,13; 95 %-KI 1,04–1,21). Jüngere Arbeiten zeigen ähnliche Trends und berichten teils stärkere Assoziationen bei schwerer PD. 

Biologische Mechanismen: Wie der Mund das Herz erreicht

Zytokine & „Silent Inflammation“

Lokale Entzündung setzt IL-6, TNF-α, CRP frei – Treiber von „low-grade inflammation“, die Atherogenese und Plaque-Instabilität fördert.

Bakterielle Endotoxine, Plaques und Endothel

Bakterien und Toxine aus parodontalen Taschen können in die Blutbahn gelangen, Endothelzellen schädigen, Thrombozyten aktivieren und damit atherothrombotische Prozesse anfeuern.

NO-Stoffwechsel, Blutdruck & Mikrobiom-Achsen

Die orale Mikrobiota moduliert den Nitrat-NO-Weg (Gefäßtonus, Blutdruck). Dysbiose kann die NO-Verfügbarkeit senken – ein zusätzlicher kardiovaskulärer Hebel. 

12 starke Fakten zum Link Parodontitis ↔ Herz

  1. Assoziation gesichert: Parodontitis ist konsistent mit kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert.

  2. Herzinfarkt-Risiko erhöht: Meta-Analysen zeigen ein signifikant erhöhtes MI-Risiko bei PD.

  3. Systemische Marker steigen: PD korreliert mit höherem CRP, IL-6, TNF-α.

  4. Endothelfunktion leidet: Bakterielle Produkte fördern Dysfunktion & Thrombozytenaktivierung.

  5. Konsensuspapier EFP/WHF: empfiehlt gemeinsame Prävention von Mund- und Herzrisiken.

  6. AHA-Statement: betont Assoziation; harte Endpunkte weiter erforschen. 

  7. Umbrella-Review 2024: Gesamtbild unterstützt den Link – trotz Heterogenität. 

  8. Therapie wirkt auf Surrogatmarker: Parodontalbehandlung kann Entzündungs- und Gefäßmarker verbessern.

  9. Diabetes verstärkt den Effekt: PD & Diabetes potenzieren CVD-Risikoachsen.

  10. Schlafapnoe & PD: Überlappende Entzündungspfade erhöhen das Gesamtrisiko.

  11. Geschlechtsspezifische Aspekte: Daten deuten auf Unterschiede in CVD-Prävalenz bei PD hin.

  12. Apikale Entzündungen zählen mit: Auch apikal-parodontale Herde zeigen Assoziationen zu CVD.

Wer ist besonders gefährdet? Risikoprofile & Kofaktoren

  • Diabetes, Prädiabetes, Insulinresistenz

  • Rauchen, Hypertonie, Dyslipidämie

  • Schlafapnoe, Adipositas, chronischer Stress

  • Niedriger sozioökonomischer Status & geringe zahnärztliche Nutzung
    Diese Faktoren verstärken Entzündungswege und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Parodontitis systemisch „durchschlägt“.

Diagnostik: So wird der Mund zum Frühwarnsystem fürs Herz

Parodontalstatus & klinische Grundpfeiler

Taschen-/Blutungsscreening (BOP), Attachment-/Knochenverlust, Radiologie – Basis jeder Einschätzung.

Biomarker: Speichel & Blut

  • hs-CRP, IL-6, TNF-α (Systementzündung)

  • Lipidprofil, HbA1c (metabolische Achse)

  • NO-Surrogatmarker (Gefäßgesundheit)
    Nichtinvasive Speicheltests eignen sich zum Monitoring; sie ergänzen, ersetzen aber keine Gesamtanamnese.

Therapie, die ans Herz geht: Was wirklich hilft

Evidenzbasierte Parodontaltherapie

  • Biofilm-Kontrolle: professionelle Entfernung, Instruktion Heimhygiene

  • Nicht-chirurgisch: Scaling/Root Planing; ggf. adjuvante Verfahren

  • Chirurgisch/regenerativ: bei fortgeschrittenem Defektmuster
    Therapie senkt Keimlast und systemische Entzündungsmarker – ein plausibler kardiovaskulärer Nutzen.

Mundhygiene, Ernährung, Prophylaxe – praxisnah

  • 2× täglich mechanische Plaque-Kontrolle (Bürste, Zwischenraumbürsten)

  • Mediterrane, entzündungsarme Kost (Omega-3, Polyphenole)

  • Rauchstopp, Schlafoptimierung, Bewegung (HRV↑, Entzündung↓)

  • Recall-Intervalle je nach Risiko 3–6 Monate

Interdisziplinär denken: Zahnmedizin trifft Kardiologie

  • Screening: Zahnärzt:innen erkennen CVD-Risiko, melden Haus-/Herzärzt:innen auffällige Marker.

  • Kooperation: Gemeinsame Betreuung bei Diabetes, KHK, Antikoagulation, nach Akutereignissen.

  • Leitlinienimpuls: EFP/WHF empfiehlt gegenseitige Überweisungen bei Risikokonstellationen.

Fazit: Mund gesund – Herz geschützt

Parodontitis und Herzinfarkt: Der belegte Zusammenhang ist mehr als Theorie. Von Assoziationen und Mechanismen bis zu verbesserbaren Surrogatmarkern zeigt die Evidenz: Wer Entzündung im Mund senkt, entlastet das Herz-Kreislauf-System. Der klügste Weg ist interdisziplinär: Zahnmedizin + Kardiologie + Lifestyle – für weniger „silent inflammation“, bessere Gefäßfunktionen und ein nachhaltiges Longevity-Profil.

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